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Zwei Männer und ihr Auftrag vom Schicksal
Über den Tod hinaus
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Geoffreys Schicksal lässt auch Elmar Kordes nicht ruhen

Den Thüringer und die Eltern des behinderten Kindes am Bodensee verbindet die Erfahrung mit den Folgen von Medizinischen Behandlungsfehlern. Sie kämpfen weiter.

Zwei Männer und ihr Auftrag vom Schicksal


Elmar Kordes und Manfred Maier kämpfen nach persönlichen Tragödien gemeinsam für die Opfer von Behandlungsfehlern der Medizin

VON REDAKTIONSMITGLIED ULLY GÜNTHER

Dies ist die Geschichte zweier Männer, denen das Leben tonnenschwere Last auf die Seele geladen hat. Vor ein paar Jahren trafen sie sich. Es sieht aus, als hätte ihnen das Schicksal einen gemeinsamen Auftrag erteilt. Sie kämpfen - für die Opfer der Medizin.

Elmar Kordes sitzt in Oberhof in seinem Wohnzimmer. Er erinnert sich genau. Januar 2001 war das damals, als der Andere sich meldete. "Jetzt bin ich mal gespannt, ob du auch so ein Arschloch bist, das nur Geld verdienen will", schnauzte der andere am Telefon.

"Wie kommst Du mir denn daher", konterte Kordes. "Es war", sagt er, schmeckt der Vergangenheit nach, während er genüsslich einen Zug aus dem kubanischen Zigarillo nimmt, "von Anfang an eine sehr herzliche Angelegenheit zwischen uns. Seitdem telefonieren wir mehrmals jeden Tag."

Elmar Kordes war ein Verwundeter. Draußen auf dem Friedhof lag damals das noch frische Grab seiner Frau Anja, gestorben am 10. Oktober 2000. Auf den Grabstein hatte er grade die Inschrift meißeln lassen: "Dieser Arzt kann uns nicht trennen, wir sehen uns wieder."

"Du weißt, was du zu tun hast"

Gemeint war der ehemalige Chef der Suhler Frauenklinik, dem Kordes bis heute vorwirft, einen Behandlungsfehler begangen zu haben, der seine Frau - 36 Jahre alt war Anja Kordes damals - letztlich das Leben gekostet habe. Drei Jahre dauerte ihr Martyrium. Die Haftpflichtversicherung des Arztes hat gezahlt, vor Gericht wurde der Prozess gegen den Gynäkologen eingestellt. Auf ihrem Sterbebett sagte Anja zu ihrem Mann: "Ich liebe dich. Du weißt, was du zu tun hast." Diese Worte schickten den heute 47-jährigen Oberhofer auf seine Mission. Sein Ziel: Den Opfern medizinischer Behandlungsfehler zu helfen. "Man ist so alleine gelassen in dieser Situation." - Und muss antreten gegen einen riesigen, undurchschaubaren Apparat. David gegen Goliath heißt die klassische Konstellation, wenn Medizinopfer antreten, um Gerechtigkeit einzufordern.

Nach dem Tod seiner Frau startete Elmar Kordes seine Internetseite www.behandlungsfehler-arztpfusch.de. Bald darauf meldete sich der Andere. "Jetzt bin ich mal gespannt, ob du auch so ein Arschloch bist...", sagte er. Vier Stunden redeten sie miteinander bei diesem ersten Telefonat, bis kurz nach Mitternacht. Danach kannte Elmar Kordes die Geschichte des Jungen, der Geoffrey hieß. Der Junge war ein Sonntagskind, geboren am 28. Juni 1998 in einem Krankenhaus am Bodensee. Als Geoffrey um 12 Uhr und drei Minuten aus dem Bauch seiner Mutter kam, war er schneeweiß, hatte die Nabelschnur dreimal um den Hals gewickelt und musste reanimiert werden. Dann lebte er: als mehrfach schwerst behindertes Kind. Im Nachhinein stellte sich heraus: Wehenschreiber defekt, Saugglocke defekt, falsche Behandlung durch den Arzt, der Wehenmittel statt Wehenhemmer verabreichte, die Blutgasuntersuchung, die den Sauerstoffgehalt im Blut des Kindes misst, einfach vergessen. Der Junge hätte gesund zur Welt kommen können. In Geoffreys Fall war das Versagen der Medizin so eindeutig, dass die Versicherung des Arztes schon zahlte, ohne dass auch nur ein Gutachten vorlag. So ist das nachzulesen auf der Internetseite des Anderen (www.geburtsschaden.de).

Mit Geoffreys Geburt begann dessen Mission. Irgendwann fanden sie sich dann. Elmar Kordes aus Oberhof und der Andere: Manfred Maier - Campingplatzbetreiber am Bodensee - Geoffreys Vater.

"Bis du auch so ein A...", fragte Maier als erstes. Er hatte nach der Geburt seines Sohnes die Erfahrung gemacht, dass es "keinerlei Informationen" gab, wo man Hilfe erhalten kann bei der Betreuung des schwerstbehinderten Kindes. "Es gab nichts", sagt Maier. Und auf der rechtlichen Schiene sei er reihenweise abgezockt worden für Ratschläge, die keinen Cent wert gewesen seien. Er und seine Frau Claire hätten "völlig im Regen gestanden". Bis auf einen Rat, den sie noch im Krankenhaus von einem Arzt erhalten hätten: "Lassen sie erst gar keine emotionale Beziehung zu dem Kind aufkommen. Lassen sie ihm eine Magensonde legen, geben sie es ins Heim - und dann machen sie ein neues."

An jenem Abend, als sie telefonierten, beschlossen Elmar Kordes und Manfred Maier, ihr Wissen zusammenzulegen und ihre Internetseiten. Sie gründeten das Private Netzwerk Medizingeschädigter (www.geoffrey-mike.de), sie entwickelten eine kostenlose Beratungsbroschüre, sie ließen andere Betroffene ihre Fälle schildern. Je mehr sie sich in die Materie einarbeiteten, desto mehr fanden sie das, was Manfred Maier "einen unvorstellbaren Sumpf" nennt.

"Beispiel", sagt Kordes: Thüringen hat bislang ein Gesetz, das es nicht erlaube, Ärzte berufsrechtlich zu verfolgen, wenn diese nach einem Behandlungsfehler einfach schnell das Bundesland wechseln. Kordes hat interveniert. Nun soll das Gesetz geändert werden - angeblich.

58 000 Tote durch Medikamentierung?

"Beispiel", sagt Kordes: Eine schwangere Frau. Sie hatte das seltsame Gefühl, etwas sei nicht in Ordnung. Sie bat ihren Frauenarzt um zusätzliche Ultraschall-Untersuchungen, 11 Stück waren es, die sie aus eigener Tasche bezahlte. Das Kind kam zur Welt mit Klumpfüßen, ohne After, "mit allen Defekten, die man sich nur vorstellen kann." Man hätte das beim Ultraschall durchaus erkennen müssen, sagt Kordes, aber es gebe mehrere Ultraschall-Qualifikationsstufen für Ärzte von Degum I bis Degum III. Der Arzt der Frau hatte nur Degum I. Deswegen trage er keine Schuld, urteilte das Gericht: Bei diesem Qualifikationsstand hätte er nicht zwangsläufig die Defekte des Kindes erkennen müssen. "Welche Patientin weiß denn etwas von Degum I bis Degum III", fragt Kordes. "Ein Skandal", zürnt Maier, "darüber hätte doch der Arzt von Anfang an die schwangere Frau aufklären müssen, die sich auf ihn verließ." Das Gericht habe geurteilt, die Patientin sei verpflichtet, sich über die Qualifikation des Arztes kundig zu machen.

Einzelfälle, bedauerliche Schicksale? Manfred Maier und seiner Frau Claire hat man das auch stets erzählt, aber es gab diese Erlebnisse, wo man anfängt, sich Fragen zu stellen. Als sie zum Beispiel mit 70 anderen Eltern und deren behinderten Kindern in einer vollen Chartermaschine saßen, auf dem Weg zu einem Professor in der Ukraine. Es gibt auch diese eindrucksvollen Zahlen wie sie beispielsweise im Jahr 2003 Jürgen Fröhlich veröffentlichte, der Leiter des Institutes für klinische Pharmakologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Ergebnis seiner repräsentativen Studie: 58 000 Tote pro Jahr "durch unerwünschte Medikamentenwirkungen" nur in Deutschlands internistischen Abteilungen. Bei der Hälfte der Fälle handle es sich um Fehler bei der Verabreichung, vor allem um falsche Dosierung. 58 000 Medizinopfer - wie Geoffrey.

Entgegen des ärztlichen Rates trennten sich Manfred Maier und seine Frau Claire nicht "emotional" von ihrem Sohn. Stattdessen nahmen sie ihn mit nach Hause. Über Monate schrie er 24 Stunden am Tag, er hatte spastische Krämpfe, wahnsinnige Schmerzen. Bis zu seinem achten Lebensjahr konnte er nicht sprechen, nicht laufen, nicht sitzen, nicht selbst essen. Claire fütterte ihn - oft Stunden. Aber lachen, das konnte Geoffrey. Sprechen konnte er auch; er sprach eben mit seinen riesigen braunen Augen. "Ein Charmeur", sagt sein Papa Manfred Maier am Telefon, reihenweise seien die Frauen schwach geworden, wenn Geoffrey sie angeblickt habe. Der Bub liebte es, auf dem Schoß seines Vaters Traktor zu fahren. Er liebte den Anblick von Werkzeug und lachte vor Begeisterung, jedes Mal wenn Kettensägen irgendwo aufheulten. "Ein richtiger Junge", sagt sein Papa, der heute glaubt, dass solche Leidenschaften schon in den männlichen Genen verankert sein müssen. Durch Geoffrey geriet Maier in eine andere Welt: In dieser Welt kollidierte das Lachen seines Kindes mit Pflegediensten, die kamen, anschließend falsch abrechneten und obwohl sie sich selbst - als sie erwischt wurden - schriftlich des Abrechnungsbetruges bezichtigten, doch nie verfolgt worden seien von der Krankenkasse oder der Staatsanwaltschaft. Er geriet in eine Welt, in der Anwälte die Streitwerte bei Medizinschadensfällen von vornherein so hoch ansetzen, dass nachher öfter "nichts mehr übrig bleibt für die Betroffenen, weil die Anwaltskosten am Streitwert berechnet werden, nicht an dem, was die Versicherung am Ende zahlt". Er beschloss, die Menschen zu informieren über diese Welt, in der man schnell untergehen kann als unkundiges Opfer, wahrscheinlich nennt er sie deswegen meist "Sumpf".

Seit Weihnachten findet sich auf Manfred Maiers Internetseite www.geburtsschaden.de die Todesanzeige für ein Kind, geboren am 28. Juni 1998, gestorben am 21. Dezember 2006. Acht Jahre wohnte Geoffrey zu Hause. Acht Jahre brauchte er 24 Stunden Betreuung am Tag. Acht Jahre schlief er nur mit Körperkontakt und in der Nacht hatte er Krämpfe. Manchmal stahlen sie sich davon, wenn er ruhig war, um wenigstens zwei, drei Stunden wirklich Schlaf zu finden. Jeden Tag neue Hilferufe Dann lag ihr Junge tot im Bett, an jenem grausamen Morgen des 21. Dezember. Manfred Maier glaubt, dass er einen spastischen Krampf hatte, sich dabei verhedderte und erstickt ist.

Er macht sich jetzt Vorwürfe. "Unsere Aufmerksamkeit hat nachgelassen in letzter Zeit." - Nach acht Jahren, in denen sie keine Nacht mehr durchschliefen, haben sie nicht gemerkt, als Geoffrey ging. Deswegen telefonieren die beiden Männer in letzter Zeit wieder länger. "Wir machen weiter", hat Manfred Maier gesagt. Kordes sitzt ohnehin jeden Tag Stunden am Computer. Das Leben hat ihnen einen Auftrag erteilt. 400 000 Besucher bislang auf ihren Internetseiten; jeden Tag kommen Mails von Leuten, die um Hilfe rufen.

PS: Am Dienstagnachmittag wird Geoffreys Urne beigesetzt.

Kostenloser Rat

Manfred Maier und Elmar Kordes sitzen inzwischen im Vorstand des Arbeitskreises Medizingeschädigter. Dieser 450 Mitglieder starke Verein mit Büro in Isny bietet Medizingeschädigten jeden letzten Donnerstag im Monat rechtliche Erstberatung durch Anwälte an. Die Beratung ist kostenfrei - auch für Nichtmitglieder.
Internetadresse: www.akmg.de

Telefon: 07562 / 39 95 und 07562 / 98 14 37

Quelle: Freies Wort Thüringen, Dienstag, 09. Januar 2007, Titelseite und Dritte Seite




Über den Tod hinaus

Die Eltern haben Geoffrey beerdigt. Ihre Arbeit für Medizingeschädigte und Behandlungsopfer setzen sie fort.

Claire Bernard mit ihrem Sohn Geoffrey, der kurz vor Weihnachten starb. Durch eine Kette von Behandlungsfehlern war er schwerstbehindert. Die Eltern setzen ihre Arbeit aber fort.

VON SYLVIA FLOETEMEYER

Ich habe mein Kind jetzt abgenabelt und die Urne ins Grab gelegt, sagt Manfred Maier bitter. Knapp zwei Stunden zuvor haben er und seine Frau Claire Bernard an diesem Dienstag ihren achtjährigen Sohn Geoffrey auf dem Friedhof von Seefelden am Bodensee beerdigt. Geoffrey war am 28. Juni 1998 im Überlinger Krankenhaus aufgrund gravierender Behandlungsfehler schwerstbehindert auf die Welt gekommen, am 21. Dezember 2006 fanden die Eltern ihr Kind tot in seinem Bett.

Dazwischen liegt ein Martyrium, das mit Geoffreys Geburt beginnt. Der behandelnde Frauenarzt kann nicht kommen, der Wehenschreiber ist defekt, der Dienst habende Arzt verabreicht der 39-jährigen Mutter Wehenmittel statt Wehenhemmer, die Saugglocke geht beim Einsatz kaputt. Als das Sonntagskind Geoffrey endlich auf die Welt kommt, hört sein Herz auf zu schlagen. Das Baby ist schneeweiß, hat die Nabelschnur dreimal um den Hals gewickelt. Geoffrey wird wiederbelebt, bleibt aber durch den Sauerstoffmangel bei der Geburt schwerstbehindert.

Ein ganzes kurzes Leben

Geoffrey stirbt daheim, wo ihn Vater und Mutter sein ganzes kurzes Leben lang 24 Stunden am Tag liebevoll betreuten. Das hätte nicht sein müssen, wenn Maier und Bernard dem "Rat gefolgt wären, den ihnen ein Arzt des Friedrichshafener Krankenhauses wenige Wochen nach Geoffreys Geburt gab: Sie sollten sich am besten gleich von dem Kind abnabeln, gar nicht erst eine emotionale Beziehung aufkommen lassen. "Lassen Sie ihm eine Magensonde legen, geben Sie es ins Heim und dann machen Sie ein neues. So erinnert der 49-jährige Vater die Worte des Doktors.

Maier und seine Frau tun genau das Gegenteil. Sie lieben Geoffrey von ganzem Herzen und kümmerten sich aufopferungsvoll um ihn. Kurz vor Weihnachten, just zu dem Zeitpunkt, als Geoffrey stirbt, haben sie ihr Haus endlich komplett behindertengerecht umgebaut mit einem Therapieraum, einem Aufzug, einem Bewegungsbad. Geoffrey hat davon leider nichts mehr.

Doch obwohl ihr Junge tot ist, geht Maiers und Bernards Kampf für Medizingeschädigte weiter. "Das bin ich meinem Kind schuldig, sagt Maier. Zusammen mit dem Kaufmann Elmar Kordes aus Oberhof in Thüringen hat der Campinplatzbetreiber aus Seefelden das "Private Netzwerk Medizingeschädigter gegründet, das Hilfesuchenden gratis Informationen bietet. Maier und Kordes sind auch im Verein "Arbeitskreis Medizingeschädigter Bundesverband aktiv, der unter anderem einmal im Monat eine kostenlose Telefonsprechstunde mit Patientenanwälten anbietet und regelmäßig Rundbriefe und Informationen veröffentlicht.

Kordes Frau Anja starb 2000 mit 36 Jahren nach dreijährigem Leiden, weil, so Kordes, der damalige Chef der Suhler Frauenklinik gepfuscht habe. Nach ihrem Tod gründete Kordes eine Internetseite zum Thema Behandlungsfehler. So stieß Maier auf ihn. Der erste Telefonkontakt verlief eher ruppig. "Jetzt bin ich mal gespannt, ob du auch so ein Arschloch bist, das nur Geld verdienen will, meldete sich Maier bei Herrn Kordes am Telefon.

Da lagen schon fast drei Jahre hinter Maier und seiner Frau, in denen sie "barfuß durch die Hölle gegangen waren. Nicht nur litt ihr Kind Qualen und musste rund um die Uhr betreut werden, hinzu kamen Enttäuschung und Wut über Ärzte, die sich von sich aus nie entschuldigten, die Krankenkasse, die mit Leistungen hinter den Berg hielt, Pflegekräfte, die nur abkassierten.

Obwohl Maier und seine Frau acht Jahre lang keine Nacht durchschliefen, in Arbeit und manchmal auch in Depressionen versanken, vernetzten sie sich mit Kordes und anderen Betroffenen, um Medizingeschädigten zu helfen, aber auch, um künftige Behandlungsfehler zu vermeiden.

Der "Arbeitskreis Medizingeschädigter bekomme pro Jahr rund 10000 bis 12000 Anrufe, berichtet dessen Vorsitzende Monika Hauser, die das Büro des Vereins in Isny im Allgäu leitet und, ebenso wie Kordes, zu Geoffreys Begräbnis an den Bodensee gereist ist. Von all diesen Klagen über Ärztepfusch "ist bei 90 Prozent mit Sicherheit was dran, schätzt Hauser die Situation ein.

Der Verein finanziert sich ausschließlich aus den Beiträgen seiner rund 450 Mitglieder, die je 50 Euro im Jahr zahlen. "Wir arbeiten alle ehrenamtlich. Viele Mitglieder gäben allerdings auf, "nachdem sie durch die erste Instanz gefallen sind - oder nachdem sie ihren Prozess gewonnen haben. Beides findet Hauser traurig. Sie freute sich besonders, wenn den Verein weitere qualifizierte Patientenanwälte oder gar Medizingutachter unterstützten.

Maier und Kordes haben für ihr "Privates Netzwerk, das sie neben ihrer Vereinsarbeit zusätzlich betreiben, ein Zehn-Punkte-Programm erarbeitet. Darin fordern sie unter anderem eine gesetzliche Meldepflicht für Behandlungsfehler und eine Beweislast-umkehr. "Der Arzt muss seine Unschuld beweisen und nicht der Patient die Schuld des Arztes. Denn im Laufe seiner ehrenamtlichen Tätigkeit hat Kordes schon einiges erlebt, bis hin zur Fälschung ärztlicher Gutachten. Letzteres blieb übrigens für den Täter folgenlos. "Das verjährt nach fünf Jahren, berichtet er.

Missbrauch könne man aber ganz einfach verhindern, indem man Patienten, die das wünschten, ihre Krankenakte auf CD-ROM sofort mitgebe. Außerdem fordert Kordes: "Wir brauchen staatliche Gutachter und keine praktizierenden Gerichtsgutachter, die Lobbys ausgesetzt sind. Bei den meisten Behandlungsfehlern komme es nie zu Strafverfahren, weil die Beweissituation ganz anders ist als bei Zivilverfahren. So hat in Geoffreys Fall die Haftpflichtversicherung des verantwortlichen Arztes zwar 225000 Euro gezahlt. Doch Maier und Bernard wollten auch, dass der Arzt wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht gestellt wird und erstatteten aus diesem Grund Strafanzeige. Aber die Staatsanwaltschaft Konstanz schloss nach drei Jahren die gesammelten Akten, weil kein öffentliches Interesse mehr bestehe.

Gerechtigkeit?

Damit wollen sich Maier und Bernard auch nach Tod ihres Geoffrey nicht abfinden. Selbst wenn sie sogar eine "sehr engagierte Kölner Patientenanwältin warnt: "Erwarten Sie ja keine Gerechtigkeit. Als Maier seinen Besuch aus seinem gemütlichen Wohnhaus hinausbegleitet, hebt er einen Korb mit Geoffreys Sachen hoch. Er kramt ein Paar kleine Beinschienen aus starrem Plastik hervor. "Schauen Sie mal, die sollte man ihm regelmäßig anlegen. So wurde der kleine Kerl gequält. Maiers Augen schimmern inzwischen. "Mein einziger Trost ist, jetzt kann ihm keiner mehr wehtun. Dann wird seine Stimme härter: "Die hänge ich an sein Grab. Das kann ruhig jeder sehen.

Quelle: Südkurier 11. Januar 2007 - Titelseite und Dritte Seite



Original und Kopie

VOR GERICHT: Der Datenschutz wollte herausfinden, ob sich die Stadt Suhl an die Vorschriften hält. Bisher ohne Erfolg.


MEININGEN. Im Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz wurde der Fall schon vor Jahren als gravierendster Verstoß gegen das Thüringer Datenschutz-Gesetz bezeichnet, nun beschäftigt die Auseinandersetzung mit der Stadt Suhl das Verwaltungsgericht Meiningen. Die Stadt verwehrte der Behörde im August 2003 Einsicht in ihre Notarzt-Protokolle. Angeblich dürfe auch die an die Schweigepflicht gebundene Landesbehörde nicht Originalunterlagen einsehen, so die Begründung.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist der Tod einer Frau aus Oberhof. Es war festgestellt worden, dass die 36-Jährige durch ärztliches Fehlverhalten starb. Der Witwer beantragte Akteneinsicht bei der Stadt Suhl. Denn im Strafverfahren gegen den behandelnden Arzt waren unterschiedliche Versionen des Notarzt-Einsatz-Protokolles aufgetaucht. Sie betrafen den Tag, als seine Frau bewusstlos vom Rettungsdienst abgeholt worden war. Der Witwer monierte, dass in der Kopie, die sich in den Akten der Staatsanwaltschaft befand, ein Kreuz bei bewusstlos zu sehen war und in der Kopie, die der Notarzt im Strafverfahren vorzeigte, jenes Kreuz fehlte.

Die Differenz zwischen beiden Kopien des Notarzt-Einsatz-Protokolls erklärte der Notarzt als Durchschreibefehler. Das wollte der Witwer prüfen, doch die Stadt verweigerte ihm eine Kopie des Protokolls, das beim Notarzt im Panzerschrank lag.

Die damalige Datenschutzbeauftragte, an die sich der Witwer wandte, ging der Sache im Archiv der AOK nach. Die Durchschreibe-Version bestätigte sich nicht. Der Datenschutz hatte in diesem Fall aufgedeckt, dass die Klinik nur die Durchschrift erhalten und der Notarzt das Original behalten hatte.

Deshalb wollte die Behörde nun weiter ermitteln, wie die Suhler Rettungsstelle sich an Vorschriften des Datenschutzes hält bisher ohne Erfolg.

Auch die Gerichtsverhandlung brachte keine endgültige Klarheit. Denn der Vertreter der Stadt trug dort zum großen Erstaunen des Gerichtes vor, dass ja gar kein Verstoß vorliege: Ungeschwärzte Notarzt-Protokolle befänden sich gar nicht im Besitz der Stadt, sondern nur im Panzerschrank des bei der Stadt angestellten Notarztes. In der Rettungsleitstelle selbst lagen, wie erlaubt, nur anonymisierte Kopien. Da war der Vorsitzende Richter Thomas Michel baff: "Bisher dachten wir immer, in der Rettungsleitstelle liegen nicht anonymisierte Protokolle".

Bei diesem Durcheinander blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als den Prozessparteien ein paar Hausaufgaben aufzugeben. Sie müssen vor allem zur Frage Stellung nehmen, ob dem Datenschutz ein grundsätzliches Recht auf Einsicht in Unterlagen eines Arztes zusteht, der bei einer Kommune beschäftigt ist. Der Fall wird dann ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Erst dann wird klar sein, wo der Thüringer Datenschutz eigentlich kontrollieren darf.

02.11.2007, Von Meinhild RÖMER

Quelle:
http://www.thueringer-allgemeine.de


Verwaltungsgericht - Stadt verweigert Akteneinsicht
Können Notarztprotokolle eingesehen werden? Entscheidung steht aus

Suhl/Meiningen -Der Streit zwischen dem Thüringer Datenschutz und der Stadt Suhl um Akteneinsicht in Notarztprotokolle bleibt vorerst ungelöst. Im Jahre 2004 hatte Suhl - als damaliger Träger der Rettungsleitstelle - am Meininger Verwaltungsgericht Klage gegen den Freistaat erhoben, über die jetzt am Verwaltungsgericht Meiningen verhandelt wurde.

Seit August 2003 verweigert die Stadt dem Datenschutz jene Akten-Einsicht. Angeblich dürfe auch die an die Schweigepflicht gebundene Landesbehörde nicht in Originalunterlagen hineinsehen, so die Erklärung der Stadt. Der Vertreter der Stadt trug vor dem Verwaltungsgericht vor, dass ungeschwärzte Notarzt-Protokolle sich gar nicht bei ihnen befänden  sondern nur im Panzerschrank des angestellten Notarztes, der jedoch seine Räumlichkeiten im Verwaltungsgebäude gehabt habe. Über die neue Version war der Vorsitzende Richter erstaunt. "Bisher", so Thomas Michel, "dachten wir immer, in der Rettungsleitstelle liegen nicht anonymisierte Protokolle".

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Vision vom Durchschreibefehler bestätigte sich nicht

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Hintergrund der Auseinandersetzung ist der Tod einer Frau aus Oberhof. Die 36-Jährige starb 2000 vermutlich durch ärztliches Fehlverhalten. Der Witwer beantragte bei der Stadt Akteneinsicht. Denn im Strafverfahren gegen den behandelnden Arzt waren seinerzeit unterschiedliche Versionen des Notarzt-Einsatz-Protokolles aufgetaucht. Sie betrafen den 1. Februar 1997, als seine Frau bewusstlos vom Rettungsdienst aus der Oberhofer Wohnung abgeholt worden war.

Die Differenzen zwischen den beiden Kopien des Notarzt-Einsatz-Protokolles erklärte ihm der zuständige Notarzt in einem Gespräch am 18. August 2003 im Rathaus als "Durchschreibefehler". Der Witwer hatte moniert, dass in der Kopie, die sich in den Akten der Staatsanwaltschaft befand, ein Kreuz bei "bewusstlos" zu sehen war - aber in der Kopie, die der Notarzt im Strafverfahren präsentierte, jenes Kreuz fehlte. Obwohl die Stadt Suhl die gesetzlichen Voraussetzungen zur Akteneinsicht in einem Schreiben an den Witwer bejahte, verweigerte sie ihm dennoch eine Kopie des Protokolls, das im Panzerschrank lag.

Der damalige Datenschutzbeauftragte, an den sich der Witwer nun wandte, war im Archiv der AOK in Gera der Sache nachgegangen. Die "Durchschreibe-Version" bestätigte sich nicht. Vielmehr hatte der Datenschutz aufgedeckt, dass in diesem Fall das Krankenhaus " entgegen den Vorschriften " eine Durchschrift erhielt und der Notarzt das Original behalten hatte.

Das war der Ansatzpunkt für den Thüringer Datenschutz. Deshalb wollte die Behörde prüfen, wie die Suhler Rettungsstelle sich generell an Vorschriften des Datenschutzes hält  bisher ohne Erfolg. Zu der grundsätzlichen Frage, ob dem Datenschutz ein Recht auf Einsicht in Unterlagen eines Arztes zusteht, der bei einer Kommune beschäftigt ist, wird das Gericht später ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Ina Talar

Quelle: freies-wort.de vom 29.11.200




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